Eine der besten Entscheidungen meines Lebens hat letzten Sonntag ihren Höhepunkt gefunden. Meine Heldenreise ist zu Ende gegangen. Von Mai 2015 bis Dezember 2016 habe ich in einem grandiosen Männerprojekt Persönlichkeitsentwicklung vom Feinsten erleben dürfen. Zeit für eine Rückschau.
Jeder kennt das. Man ist in der Natur an einem ganz besonders schönen Ort. Das Meer, die Berge, der Wald, der Himmel machen sprachlos über die Schönheit und die Herrlichkeit, die sie ausstrahlen. Dann zücken wir das Handy und versuchen, diesen magischen Moment einzufangen um ihn mit anderen zu teilen. Und scheitern auf voller Länge. Manches kann man nicht abbilden, manches muss man erleben.
So ähnlich geht es mir mit meiner Heldenreise. Was ich im Folgenden zu beschreiben versuche, ist nur ein zarter Kratzer an der Oberfläche dessen, was ich in diesen Monaten tatsächlich erlebt habe.
Mein Fazit:
Ich bin klarer, mutiger und entschiedener als je zuvor in meinem Leben. Ich habe noch nie so viel Zuspruch für meine männliche Ausstrahlung bekommen und stehe zu meinen weiblichen Anteilen. Ich gehe für meine Wahrheit und bin wahrhaftig. Ich habe ohne Ende alten Kram weggeräumt, der mir und meinem Lebensglück im Wege stand. Ich habe 17 Kilo abgenommen und die wichtigste Coach-Ausbildung meines Lebens begonnen. Ich habe die Menschen gefunden, die mir geholfen haben, mich vollumfänglich anzunehmen, meine Lebensvision zu formulieren und meine spirituelle Arbeit ins Business zu bringen (danke Svenja, Robert, Stephen!). Ich konnte in meiner Beziehung zu Frauen ganz neue Türen öffnen, bin ein besserer Vater geworden und konnte neue Zuversicht und Lebensfreude gewinnen. Danke, Walter, Axel und Matthias!
Der Rahmen:
20 Männer, 3 Trainer, 3 Begleiter. Alle Altersstufen. In einem Seminarhaus im Westerwald. 7 Treffen à 4 bis 6 Tage. Peer Group zwischendurch. Wir sitzen im (Alters-) Kreis, essen gemeinsam, teilen uns das Zimmer. Jedes Treffen hat eine Überschrift, eine Richtung. Orientiert sich an einer archetypischen Qualität:
- Heiler: Mitgefühl / Verletzbarkeit
- Vater: Stärke / Unterstützung
- Krieger: Wille / Entschlossenheit
- Wilder Mann: Freiheit / Wildheit
- Liebhaber: Liebe / Sexualität
- Mystiker: Weisheit / Spiritualität
- König: Wert / Führerschaft
Wie haben wir das gemacht?
Lehrgespräche, Gruppendiskussionen, Einzelarbeit und Selbststudium, Körper- und Atemtechniken, Ritualarbeit, Achtsamkeitsübungen und Meditation, Tanz, Musik, Bewegung, Haka, Naturerfahrung, Schamanisches, Coaching, Gestaltarbeit, Teamdynamik, Provokation und Konfrontation, Morphisches Feld, Herzensbildung uvm.
Was habe ich konkret erlebt?
HEILER // Ich habe meine zentrale Lebenswunde erkannt und Wege gefunden sie anzunehmen. Sie zu mir zu nehmen, um einen guten Umgang mit ihr zu finden. Jeder Mann ist ein verletzter Mann. Nicht ob man(n) verletzt ist, ist die Frage, sondern nur wie. Und wie gehe ich damit um? Delegiere ich Schuld an einen Anderen, oder übernehme ich selbst die Verantwortung für meine Verletzung? Anders ausgedrückt: Bleibe ich in meiner Entwicklung stehen, oder entwickle ich mich weiter? Eine starke Erfahrung: Ich lerne, meine Schattenseiten noch besser anzunehmen; Mitgefühl mit mir zu haben. Kein Mitleid! Davon ausgehend wächst das Mitgefühl für andere und Verständnis für ihre Strategien, mit Traumen, Prägungen und persönlicher Geschichte klarzukommen. Und: Jeder hat sein Päckchen im Leben! Wie groß und heftig es sein kann, rührt uns immer wieder zu Tränen.
VATER // Ich habe gelernt, meinen Vater so zu nehmen wie er ist. Ihm zwei Zimmer in meinem Herzen einzurichten. Eines voller Liebe und Respekt und eines, in dem der Sohn mit dem Papa ringt, dass es nur so kracht. Beides gehört zu mir – und es ist an der Zeit damit aufzuhören, tief im Innern noch Erwartungen zu hegen; noch etwas haben, bekommen zu wollen von dem Mann, der seinen Samen gegeben hat, damit ich auf diese Welt kommen darf. Zu erleben, wie zwanzig erwachsene Männer zwischen 38 und 66 mit ihren Vätern ringen, mit ihrer Sehnsucht nach Geliebt-Werden, nach respektiert und anerkannt Werden; zu hören, wie laut Schmerz sein kann, wie zart ein Männerherz – das geht durch Mark und Bein. Wir erkennen, dass es nur eine einzige Tür zu einem Leben nach eigenen Vorstellungen gibt: den Vater. Erst wenn ich als Sohn mit meinem Vater meinen Frieden gefunden habe, kann ich durch dieses Tor gehen und herausfinden, wie ich selber leben will. Nach meiner ureigenen Facon. Und nicht länger in Auflehnung oder in Nacheiferung. Sondern frei und erwachsen. Berührende, erschütternde, erhebende Momente. Ich liebe Dich, Papa.
KRIEGER // Wir lernen: der Krieger kämpft für etwas und immer auch für ein größeres Ganzes. Er weiß auch, wann er aufhören darf zu kämpfen. Im Gegensatz zum Barbar, zum Söldner. Der kämpft, weil er nicht anders kann. Der meuchelt ohne Sinn und Gnade und immer weiter. Der hört erst auf, wenn alles verbrannt ist. Wir lernen, Kontakt zu unserer Krieger-Energie aufzunehmen, d.h. aktiv in den Kontakt zu gehen, auch wenn es unangenehm ist. Neues zu wagen ohne zu wissen, wo das endet. Einen Einsatz für etwas zu bringen, was den Einsatz lohnt. Zu wählen und den Preis zu zahlen. Uns eine Richtung zu geben. Wir schwitzen und kämpfen, wir schwimmen in Adrenalin und Testosteron, wir haben Angst und hadern – und fühlen uns lebendig wie selten.
WILDER MANN // Es geht um Freiheit. Frei für etwas. Aber wofür genau? Wir erkennen, dass wir diese Frage oft nur schwer beantworten können, weil wir erst noch frei werden müssen von etwas. Frei von der Bindung an die Mutter. Wir sind alle erwachsene Männer, stehen unseren Mann. Sind auf unsere Weise taff und erfolgreich. Und sind doch alle auch noch Muttersöhnchen. Die Nabelschnur wird zum Symbol dieses Abschnitts. Die Schnur, die uns unsichtbar aber wirksam immer noch mit der Mama verbindet. Mit der ersten Frau in unserem Leben. Mit der Frau, die wir retten wollen, deren uneingeschränkte Liebe wir herbeisehnen, der wir es recht machen wollen. Eine Erkenntnis, die beschämt und irritiert. Wir sind doch schon so groß… Wir üben uns darin, den zivilisierten Netten Jungen an den Rand zu stellen und unsere urwüchsige, männliche Wildheit wieder zu spüren. Wie geil sich das anfühlt! Wie das aussieht! Wie das duftet! Nie in meinem Leben habe ich eine solch tiefe, ehrliche und erwachsene Freiheit empfunden. Ich liebe Dich, Mama – und ich gehöre nur mir. Ich liebe meine Frau – und gehe zuallererst meinen eigenen Weg. All dies nicht egoistisch oder pubertär, sondern klar und erwachsen. „Keine Ausreden mehr“ wird zu unserem Mantra.
LIEBHABER // Wir lernen: der gereifte Mann lebt, was er liebt. Alles, was er tut, tut er aus Liebe und Freude. Wir fragen: wie viel Verzicht ist nötig für wahren Genuss (nicht nur bei der Ejakulation…)? Wofür brenne ich? Wo ist meine Leidenschaft? Wie lebe ich sie? Wo? Wann? Kenne ich sie überhaupt noch? Wir erleben, wie tief sich der Anspruch in unsere Seelen eingegraben hat, nett sein zu wollen. Wir würden alles tun, um unsere Frauen nicht zu verletzen – und scheitern krachend sowohl an diesem Vorhaben als auch an den Frauen. „Wir sind Männer. Wir verletzen.“ Aus dieser Wahrheit gibt es kein Entrinnen. Wer versucht, als Lieber Junge die Herzen der Frauen zu erobern, bekommt höchstens unreife Frauen zur Partnerin. Wir entdecken die tiefe, untrennbare Verbindung zwischen „Liebhaber“ und „Krieger“. Keine Qualität kann ohne die andere. Nur mit dem Krieger ist Nähe möglich, nur mit dem “Liebhaber” feuriges Erobern. Dann gelingt Nähe ohne Symbiose oder angstmachende Selbstaufgabe.
MYSTIKER // Wer bin ich ohne meine Geschichte? Wir betreten Räume, die mit dem Verstand nicht mehr zu fassen sind. Stille wird unser wichtigster Begleiter. Da ist noch was hinter der Essenz. Das kann man nicht holen, machen oder herbeizwingen. Was passiert, wenn nichts passiert? Es geht um Zustimmung zu dem, was ist. Alle Zustände sind flüchtig, instabil. Es geht um die Freiheit, sich nicht länger von sich selbst terrorisieren lassen. Stirb und werde. In intimem Kontakt mit dem eigenen Tod. Wir achten auf die Lücken; auf die Momente, in denen nichts ist. Denn da ist Bewusstsein. Wir werden durchlässig; hören auf, immer etwas tun zu müssen. Wir öffnen uns – und schauen, was da vielleicht ist. Es geht um Bewusstseinserweiterung. Unsere Droge: Präsenz. Unser Geschenk: Die Angst verschwindet. Unser Gefühl: Tiefe Verbundenheit – mit uns selbst, mit den anderen Männern, mit der Natur, mit der Welt, mit dem, was größer ist als wir.
KÖNIG // Wir sprechen über Wert, über Verantwortung, über Führerschaft. Wir erkennen, dass Wert etwas ist, das wir uns verdienen wollen: durch Leistung, durch Loyalität, durch Kampf, durch Status. Wie erkennen, dass es nicht funktioniert. Denn das einzige, was man(n) dadurch gewinnt: Stress, Burnout, Einsamkeit, Traurigkeit, Krankheit. Wir erkennen, dass wir bereits Wert haben. Unverbrüchlich. Wir sind „Männer von Wert“. Einfach nur, weil wir sind. Was für eine Erleichterung. Tonnenschwere Last fällt ab: Ich muss um meinen Wert nicht ringen; ich bin bereits wert-voll. Daraus folgt der nächste Schritt: Wofür übernehme ich die Führerschaft in meinem Leben? Wofür übernehme ich aktiv die Verantwortung, dass es in meinem Leben Realität werden kann? Anders herum: Wo bin ich noch faul und feige? Wir gehen eine Verpflichtung mit uns selbst ein; sprechen aus, was wir konkret anpacken, wenn wir wieder zu Hause sind. Alles kommt auf den Tisch: Gesundheit, Körper, Sexualität, Finanzen, Leidenschaft, Freundschaft uvm. Zwanzig erwachsene, stolze, fühlende, selbstbewusste, humorvolle, lustvolle, gereifte Männer. Was für ein Geschenk!
Und jetzt?
Heute ist Tag 2 nach meiner Rückkehr. Wir haben früh gelernt: das Pendel schlägt zurück. Immer. Was im Seminar noch klar und einfach war, scheint im Alltag plötzlich weit weg und fast vergessen. Was tun also? In die Stille gehen, in die Natur gehen, den Körper bewegen, atmen, initiierte Männer besuchen. Wir haben eine große Fülle an Möglichkeiten kennen gelernt, uns zu erden, rückzubinden, wiederzufinden. Jetzt müssen wir es nur noch tun. Das Seminar ist vorbei – die Reise geht weiter. Aho!