“Sechs Tipps für Sex trotz Corona-Blues” – In unserem 6-teiligen Podcast sprechen wir darüber, was für uns als Paar wichtig ist, damit unsere Liebe eine Zukunft hat. Sexualität ist für uns beide eine unserer wichtigsten Kraftquellen. Doch dann kam Corona! was tun? Augen zu und durch? Uns zusammenreißen oder den Sex gleich ganz sein lassen? Ziemlich unsexy. – Geht es auch anders? Trotz allem?
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Intro
Home Office, Home Schooling, enges, unfreiwilliges Aufeinanderkleben, Geldsorgen, Angst vor Krankheit und Tod, Vereinsamung – das Leben verabreicht uns gerade einen Cocktail, der befriedigenden Sex für viele immer seltener erreichbar macht. Viele sind traurig, wütend und verunsichert.
Was tun? Augen zu und durch? Sich zusammenreißen und es irgendwie doch hinkriegen? Den Sex gleich ganz sein lassen bis irgendwann? Streit suchen und Schuld zuweisen? Alles ziemlich unsexy…
Geht es auch anders? Trotz allem?
Sexualität ist für uns als Paar – Harald und Julia – eine unserer wichtigsten Kraftquellen. Sie schenkt uns Energie, sie lässt uns geliebt fühlen, macht uns lebendig, ermöglicht uns Abenteuer. Wir kennen das Glück, das aus den wohligen Berührungen unserer Körper, Gedanken und Herzen entsteht – und wir kennen das Unglück, wenn diese Freuden (für längere Zeit) ausbleiben.
Damit unsere Liebe eine Zukunft hat, reden wir oft darüber, was wir brauchen, was wir uns wünschen, wovon wir noch träumen – und was nicht geht, was uns abtörnt, wo unsere Grenzen sind. Wir sprechen darüber, wie wir über diese Dinge sprechen können und wo wir verletzbar sind.
Ständig stoßen wir dabei auf Ansprüche, wie eine Frau sein soll, wie ein Mann sein soll, wie richtiger Sex sein soll. Wie erkennen, wie diese Ansprüche uns beeinflussen, was wir wirklich wollen oder eben nicht mögen. Wir entdecken, wie sehr uns die Wertvorstellungen unserer Eltern und Großeltern in den Knochen stecken und staunen über die Macht von zweitausend Jahren christlicher Sexualmoral. Wir begegnen unseren Ängsten und sehen die Ängste des Andern. Wir empfinden Scham, meinen, perfekt sein zu müssen, flüchten uns in Sarkasmus, projizieren unseren Mist auf den Partner, auf die Partnerin.
Uns ist bewusst, dass wir uns mit all diesem unangenehmen Kram auseinandersetzen müssen, wenn unsere Liebe eine Zukunft haben soll. So zu tun, als gäbe es diese Themen nicht, funktioniert nicht. Wir haben uns also Wahrhaftigkeit auf die Fahne unserer Beziehung geschrieben. Keine Spielchen, keine Tricks, keine Lügen. Aufrichtig sprechen, auch wenn es weh tut.
Nach und nach kristallisierte sich so heraus, was wir beide brauchen, damit Sex für uns befriedigend sein kann bzw. überhaupt möglich ist. Unsere persönlichen Entdeckungen und auch die Erfahrungen, die wir in unserer Arbeit mit anderen Menschen gewonnen haben, haben wir jetzt gesammelt, geordnet und verdichtet. Vielleicht können sie Euch als Anregung dienen, auch Eure Lust lustvoller zu gestalten. Auch in dieser Ausnahmesituation der Pandemie die Lust auf Euch selbst und Eure Partner nicht zu verlieren. Wege zu finden, den Sex wieder zum Blühen zu bringen, selbst wenn die Rahmenbedingungen einem echt die Stimmung vermiesen.
Unsere sechs Tipps für Sex trotz Corona-Blues:
- Erst mal akzeptieren, was ist
- Liebe – am rechten Ort zur rechten Zeit
- Gib heimlichem Groll keine Chance
- Wage die Entscheidung zum Neuanfang
- Rede und verhandle
- Lerne und wisse
#1: Erst mal akzeptieren, was ist
Auch schon mal erlebt? Eigentlich will man gerade gar keinen Sex, weil Stress oder keine Lust, aber man will auch irgendwie nett sein, keine Spielverderberin, nicht langweilig. Und dann flüstert eine kleine, dreckige Stimme im Hinterkopf: „Stell Dich nicht so an!“, „In Gottes Namen!“, „Dauert eh nicht lang!“, „Sei kein Schlappschwanz, steh deinen Mann!“
Wenn es draußen regnet, regnet es. Ich kann dann nicht so tun, als regnete es nicht. Es ist, wie es ist. Wenn man sich schlecht fühlt, weil Sorgen drücken oder Ärger unaufgeräumt herumliegt – dann ist das so.
Der erste Schritt, in lustvollen Kontakt zum Andern zu gehen, besteht darin, zunächst in liebevollen Kontakt mit sich selbst zu treten. Wer bin ich gerade (Liebhaber oder Eltern, Angestellte, Rechnungszahlende, Reparierende)? Wie bin ich gerade (lustvoll oder müde, ängstlich, genervt, abgestoßen, frustriert)? Wo bin ich gerade (ganz hier bei Dir oder in Gedanken noch im Büro, in der Kita, oder lieber bei Netflix)?
Akzeptieren, was ist, heißt nicht, unbedingt zu mögen, was ist! Akzeptanz ist weder Fatalismus noch Schönreden oder Resignation. Akzeptieren, was ist, heißt nur, die Wirklichkeit anzuerkennen und sich darüber nicht selbst zu belügen. Klingt leicht, ist aber oft gar nicht so leicht, wenn man eine gute Ehefrau, ein guter Ehemann, sein will. Und wenn „gut“ heißt, immer hübsch, geil und bereit.
Ja, manchmal müssen wir im Leben den Hintern zusammenkneifen und die Zähne zusammen. Aber das ist nur hilfreich, um sich irgendwo durchzuboxen, etwas durchzustehen. Befriedigender Sex aber schaut anders aus.
Im schlimmsten Fall: Einer von beiden lässt es über sich ergehen und ist froh, wenn es vorbei ist (täuscht vielleicht sogar noch einen Höhepunkt vor), und der andere denkt, es wäre alles ok. Lüge und Selbstbetrug sind wohl die besten Auslöser für tote Hose im eigenen und heimliche Affären im anderen Schlafzimmer.
Was also tun? Erst einmal gar nichts. Innehalten. Was denkt mein Kopf? Was spürt mein Körper? Wo genau? Was will mein Herz? Wo stehst Du? Bist Du bereit für Sex? Für welchen Sex? Penetration oder sanftes Streicheln der Nackenhärchen? Was braucht’s jetzt im Moment, um dir einen Schritt näher zu kommen, dich näher an mich heranzulassen? Mehr Zeit, Langsamkeit, Worte, eine ganz bestimmte Berührung, Gehaltenwerden, Umarmen…?
Es ist, wie es ist. Jetzt und nach dem nächsten Schritt auch. Sorgt dafür, dass Ihr einander vertrauen könnt. Darauf vertrauen, dass keiner etwas zulässt, was gar nicht geht. Darauf vertrauen, dass beide darauf achten, den anderen nicht zu überrennen. Das darf auch mal schiefgehen, aber wenn man darauf achtet, könnt Ihr das auch rasch korrigieren, und dann ist das auch kein Problem.
Wer mag nutzt die Ampel. Grün = Super! Mehr davon! Gelb = Achtung! Könnte schwierig werden! Rot = Sofort Stopp! Sofort! Keine Diskussionen, keinen Zentimeter weiter.
Unsere Erfahrung: Grün zu sagen, ist leicht; kann man auch oft gut weglassen. Aber Grenzen zu setzen, kann schwerfallen. Schließlich will man den anderen ja nicht zurückweisen, kein Spielverderber sein, nett sein… Bla, bla, bla… Aus unserem persönlichen Nähkästchen geplaudert können wir nur sagen: Der Moment, als wir erkannten, dass uns der, die andere niemals belügt, ob etwas gefällt, war ein Moment allergrößter Nähe und Seligkeit.
Für den gebenden Part können Ampel und Wahrhaftigkeit das großartige Gefühl geben, es „richtig“ zu machen und sich sicher zu fühlen auf unsicherem Terrain. Und für den nehmenden Part bietet sich ein Raum der Sicherheit, der wiederum die Tür zum Raum der Entspannung öffnet – die beiden Vorzimmer von Leidenschaft und Orgasmus.
Ja, und manchmal bleibt die Küche kalt. Manchmal ist es so, wie es ist und Sex für einen (oder beide) gerade nicht möglich. Aber – paradox – in dem Moment, wo das ehrlich benannt und ehrlich genommen wird, tut sich manchmal ganz plötzlich doch eine Tür auf. Eben weil es erst mal dieses Vertrauens bedurfte (funktioniert aber nur absichtslos, nicht als Trick…).
Zum Schluss noch: Alle Gefühle aller Beteiligten sind ok! Für Gefühle kann man niemanden beschuldigen oder zur Rechenschaft ziehen. Man kann sie nicht wegdiskutieren oder mit Argumenten beschießen. Es ist, wie es ist. Wichtig nur, Gefühle nicht mit Gedanken zu verwechseln.
Ein Gefühl ist „Ich fühle mich gerade noch gestresst und unter Druck.“ Ein Gedanke ist „Die Küche sieht noch aus wie Hund und die Steuererklärung muss noch raus.“ Wer das Gefühl äußert, lädt zur Kommunikation ein, wer den Gedanken raushaut, lädt zu Frust und Nerverei ein.
Ein Gefühl ist „Am liebsten würde ich jetzt einfach mal nur in den Arm genommen werden.“ Ein Gedanke ist “Wie kann der jetzt ans Ficken denken?!“ Auch hier: Benenne das momentane Gefühl, und Du bekommst vielleicht, was Du Dir wünschst. Oder hau den Gedanken raus, und der Abend ist gelaufen.
Ein Gefühl ist „Ich bin geil und habe Lust auf Dich!“ Ein Gedanke ist „Hoffentlich zickt sie nicht wieder rum.“ Wir verstehen uns…
PS. Schreibt uns gerne Eure Gedanken dazu. Eure Ergänzungen, Fragen, Anregungen. In die Kommentarfelder, als E-Mail, wie auch immer. Oder nutzt uns als Sparrings- und Gesprächspartner.
PPS. All das ist nicht die Wahrheit oder das einzig Wahre. Jedes Paar muss, darf seine ganz eigene Wahrheit der Lust finden und proklamieren. Vielleicht sind für Euch andere Dinge wichtig(er) – kein Problem. Und vielleicht denkt Ihr, dass all das ja nicht nur in Zeiten einer Pandemie von Bedeutung ist – natürlich! Corona und die Bedingungen der Pandemie verdichten das Ganze nur. Also: Findet heraus, was ihr wollt und wer Ihr seid – und dann geht dafür, es zu bekommen. Be yourself and go for it!
PPPS. Natürlich wissen wir, dass wir in diesem Text an manchen Stellen stereotyp formulieren. Sprechen von Männern, wo bei manchen Paaren die nicht er, sondern sie so oder so agiert. vice versa. Wir gehen in diesem und in unseren anderen Texten in den Spagat zwischen So-Sollte-Es-Sein und So-Ist-Es-Meistens-Noch. Wir wissen um die Unmöglichkeit und oftmals die Unsinnigkeit etwas als männlich oder weiblich zu definieren und wissen, dass Männer sehr weiblich und Frauen sehr männlich sein können. Und wir brauchen eine möglichst unkomplizierte Sprache, um komplexe Dynamiken verständlich rüberzubringen. – Keine Rechtfertigung, keine Entschuldigung. Nur eine Information darüber, wo wir in Sachen Gender, Gendern und dem Reden über Geschlechter stehen und wie wir in diesem Moment damit umgehen
Nächster Teil:
„Liebe – am rechten Ort zur rechten Zeit“